Leo
Ich stamme vom Niederrhein und wurde im Februar 2015 beieinem Hobby-Schafzüchter geboren, der behandelte uns immer gut. Aber fast alle Schafhalter finanzieren ihre Kosten für Futter, Schur und Tierarzt durch Zucht. Die Bocklämmer werden regelmäßig zum Schlachten verkauft, oft schon als Milchlamm im Alter von nur acht Wochen. Dieses Schicksal drohte auch meinem Bruder Lukas und mir.
Esist schrecklich, wenn die Lämmer in den Tod gehen, bevor ihr Leben so richtig begonnen hat und auch für Muttertiere, ist die Trennung nach wenigen Wochen ein absolut traumatisches Erlebnis. Unsere Mama hat das ganze sechs Jahre lang mitgemacht, jedes Jahr brachte sie ein Lamm zur Welt, oft auch Zwillinge und sie wurden ihr immer nach spätestens sechs Wochen weggenommen. Die Schafzüchter behaupten immer, das macht den Tieren nichts aus, aber das stimmt nicht. Doch nun ist für unsere Mutter und uns beide alles gut, denn wir durften alle zusammen hierher nach Simmern umziehen und müssen den Metzger nicht mehr fürchten. Und auch unsere Gefährtin Mira mit ihrer Mutter Cindy durften mit, das war am Weißen Sonntag 2015.
Mira und ich mussten freigekauft werden, denn Schlachtlämmer sind zu Ostern begehrt. Freikauf ist in Ordnung solange die Tierschützer nicht mehr für ein Tier bezahlen, als der Metzger gegeben hätte. Cindy und Klara bekamen die Schutzengel von Herrn Vogels geschenkt. Abgesprochen war also, dass wir vier Schafe an diesem Sonntag in den Anhänger nach Simmern steigen durften. Klara hatte Zwillinge bekommen, was bei Schafen nichts Ungewöhnliches ist. Ina, die unsere Rettung angeleiert hatte und Petra von den Schutzengeln wollten aber sooo gerne auch meinen Bruder Lukas vor der Schlachtung bewahren. Aber am Telefon hatte Herr Vogels vehement gesagt, dass er ein paar Tiere auch dem Metzger überlassen müsse.
Frauen sind aber ja raffiniert – Ina und Petra taten so, als ob sie diese Entscheidung akzeptierten. Nachdem das Verladen sehr gut geklappt hatte, umgarnten sie den Herrn Vogels dann aber mit weiblichem Charme und Komplimenten über seine Schafhaltung und schließlich probierten sie noch einmal, auch den Lukas frei zu bekommen. Und tatsächlich ging diese Strategie auf – gebauchpinselt wurde Herr Vogels schließlich weich und trug auch ihn noch zum Schutzengel-Anhänger!
Sehr glücklich machte sich Petra dann mit uns fünf geretteten Schafen auf den Weg zur Pflegestelle nach Simmern im Hunsrück – denn ist es nicht jedes einzelne Leben, das zählt? Schnell hatten wir uns eingelebt und Anfang September wurden Lukas und ich in der Uniklinik Gießen kastriert. Denn oberstes Gebot bei Schutzengel für Tiere ist natürlich, dass sich die Patentiere untereinander nicht vermehren dürfen. Das Tierelend ist schließlich groß genug.