Hedwig

Die kleine Schweinedame ist sechs Monate alt und in unserer Pflegestelle Meschede im Hochsauerland zu Hause. Sie stammt von einem Bottroper Biobauernhof und wurde vor der Schlachtung freigekauft. Normalerweise retten wir keine Bio-Schweine, denn diese haben in der Regel ein artgerechtes Leben und auch zumindest weniger Stress bei der Schlachtung, weil sie auf den Schlachthöfen keine Wartezeiten haben sollen, sie sind immer frühmorgens als erste Schweine zur Schlachtung dran. Es gibt also deutlich ärmere Schweine als die Bio-Schweine.

Nämlich die „konventionell gehaltenen Mastschweine“, die ihr Leben oft ohne Tageslicht in den Mastbuchten auf Spaltenboden fristen müssen. Warum wir Hedi trotzdem gerettet haben? Auf dem Biohof hat unsere Patin Andrea zwei ihrer aus einer ganz schlimmen Mastanlage geretteten Schweine in Pension gegeben. Obiwan und Matija, denen natürlich auch nicht der Schlachthof droht. Andrea hat aber viele schwerverletzte Schweine aus einer üblen Mastanlage gerettet, weil sie in der Nähe wohnt. Einige wenige Schweine konnte sie gesund pflegen und auf Lebenshöfen unterbringen. Viele Schweinen, die sie schwer verletzt aus den Buchten holte, starben, aber durch Andrea erfuhren sie zumindest noch liebevolle Zuwendung und der Transport zum Schlachthof blieb ihnen auch erspart. Einer von ihnen war Grischa, den Andrea lange aufopferungsvoll päppelte, ihn aber dann doch erlösen lassen musste. Und als Andrea Hedwig sah, meinte sie, ihren Grischa zu sehen. Hedi ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Auf dem Biohof bei Bottrop arbeiten viele behinderte Menschen und die Leiterin lebt sogar vegan. Irgendwie sind sie mit der Schweinemast alle nicht sooo glücklich, aber der Tag, an dem die 16 Bio-Mastschweine abgeholt werden sollten, rückte unaufhörlich näher.

Bei Schutzengel für Tiere herrscht eigentlich Aufnahmestopp und Freikauf von Tieren ist ja sowieso umstritten, weil man damit eigentlich das Geschäft auf Kosten der Tiere noch unterstützt. Deshalb schien Hedis Schicksal schon besiegelt und Andrea verabschiedete sich Donnerstagsnachmittags tieftraurig von ihr, denn in der kommenden Nacht sollte sie mit ihren 15 Freunden die letzte Reise antreten. Aber – und das war für uns der Wink des Schicksals- der Transporter hatte eine Reifenpanne und deshalb musste der Transport auf den Anfang der nächsten Woche verschoben werden. Und die Leiterin sagte, wenn wir Hedi retten wollten, würde man uns mit dem Preis etwas entgegenkommen. Auf der riesigen Anlage arbeiten viele behinderte Menschen, diese diakonische Einrichtung leistet wirklich großartige Arbeit. Deshalb hatten wir hier wegen dem Freikauf kein schlechtes Gewissen, hier wurde mit dem Geld nicht der schnöde Wirtschaftskreislauf auf Kosten der Tiere unterstützt, sondern eine durchaus förderungswürdige Einrichtung – Schweinemast ist dort nur ein zwar nicht schöner, aber glücklicherweise nicht so bedeutender Nebenschauplatz. Und unser Freikauf von Hedwig hatte auch einen schöne Effekt – die Leitung überlegt ernsthaft, ab nächstes Jahr nur noch acht Schweine zu mästen, keine 16 mehr. Und dadurch würde ein Stallabteil frei, das dann an einen Tierschutzverein verpachtet werden könnte. Bitte drücken Sie die Daumen, denn Lebensplätze für Schweine sind sehr rar. Wir kauften Hedi für 500 EUR frei. Ein echter Freundschaftspreis war das, denn eine „Bio-Schweinehälfte“ wird von der Einrichtung normalerweise für 630 € verkauft. Es war schrecklich für Andrea, zu erleben, wie eine Schweinehälfte nach der anderen abgeholt wurde – diese Hälften waren einmal lebendig und Hedis Freunde. Aber sie zwang sich, daran zu denken, dass diese Schweine noch ein geradezu paradiesisches Leben hatten, im Vergleich zu pro Jahr etwa 58 Millonen anderen deutschen Schweinen, die ihr Dasein in der Massentierhaltung fristen müssen und die Sonne nur einmal im Leben sehen – auf dem Weg zum Schlachthof.

Nun suchen wir dringend Paten für die kleine Hedi, die das Riesenglück hatte, durch eine Reifenpanne dem ihr zugedachten Schicksal zu entkommen. Eine Patenschaft ist möglich ab 10 EUR monatlich.

Hedwig lebt in Meschede

(im Hochsauerland)

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